Latex-Maßanfertigung Teil 2: Schnittmuster für Hosen mit einem Experten herstellen
Im vorherigen Tutorial haben wir euch gezeigt, wir Ihr ein T-Shirt auf Maß selbst erstellen könnt. Wenn wir aber eines Tages einen Ganzanzug aus Latex herstellen können wollen, kommen wir an einer hauteng anliegenden Hose nicht vorbei. Also schauen wir uns nun an, wie Ihr eine Latexhose, also eine Leggins auf Maß herstellt. Wir konzentrieren uns dabei wieder auf die Erstellung des Schnittmusters.
Frage an den Experten: Was wird die Herausforderung bei einer Hose?
Antwort: Bei Hosen gibt es einen schwierigen Bereich: Die Hüfte mit dem anliegenden Hintern. Dieser steht gewöhnlich vom Körper nach hinten ein wenig ab, im Vergleich zur Vorderseite des Körpers, wo wir diese Rundung nicht vorfinden. Beginnen wir also wie gewohnt mit dem Maßnehmen.
Wir brauchen folgende Maße: Den Hüftumfang, den kompletten Umfang inkl. Hintern und einmal unterhalb des Hinterns. Dann folgende Umfänge: Des Oberschenkels, kurz vor dem Knie, das Knie, unterhalb des Knies, die Wade und der abschließende Knöchel am Fuß. Dann brauchen wir den Abstand der Hüfte bis zum Wert oberhalb des Knies und den Abstand oberhalb bis unterhalb des Knies. Dann haben wir alles. Tragt die Werte einfach in die Schnitt-Tabelle ein, um auch eine räumliche Vorstellung der Werte zu haben. Nun übertragen wir die Werte auf unseren Karton für das Schnittmuster.
Frage an den Experten: Ist der folgende Schritt wieder einfache Mathematik?
Antwort: Sozusagen. Wir erstellen erst einmal eine mittige Symmetriekante in der Länge der Hose. Dieses Mal zeichnen wir nicht nur eine Hälfte, sondern ein komplettes Hosenbein. Das liegt daran, dass wir im oberen Bereich eine Asymmetrie vorliegen haben, die wir jeweils ausgleichen müssen.
Dann werden die Umfänge wieder übertragen. Von der Symmetriekante gehen wir jeweils eine Hälfte des Umfangs nach links und eine Hälfte nach rechts. Dabei starten wir von oben (mit dem Hüftumfang) und gehen dann stückweise nach unten. Den Oberschenkelumfang zeichnet Ihr genau in der Mitte zwischen der Hüfte und dem Wert oberhalb des Knies ein. Der Umfang des Knies kommt natürlich genau in die Mitte zwischen dem Wert ober- und unterhalb des Knies. Der Umfang der Hüfte inkl. Hintern wird mittig zwischen dem Oberschenkelumfang und der Hüfte platziert. Für die restlichen Maße habt Ihr ja alle Werte abgemessen. Die äußeren Enden werden nun erst einmal verbunden.
Frage an den Experten: Gut, nun haben wir ein symmetrisches Grundmuster. Wo fügen wir nun die angesprochene Asymmetrie ein?
Antwort: Das erfolgt genau von der Hüfte bis zum Schritt. Wir verschieben dazu den Umfang des Hinterns um ein Viertel nach links. Als Wert nehmen wir den Abstand von der Symmetriekante bis zur äußeren Kante. Wenn wir dann die Kante verschoben haben, müssen die äußeren Schnittkanten angepasst werden (Einfach nur verbinden). Tja und dann können wir das Ganze auch schon ausschneiden.
Frage an den Experten: Jetzt haben wir so ein riesiges Schnittmuster erzeugt. Das muss ich nun zweimal auf das Latex übertragen, also einmal normal und einmal spiegelverkehrt und dann kann ich eine Latexhose kleben. Wenn ich mir meine Jeans aber anschaue, dann werden pro Hosenbein zwei Einzelteile verwendet. Muss ich das gute Stück nun noch in der Mitte durchschneiden?
Antwort: Der Schritt ist natürlich zu empfehlen. Aber ein einfaches "in der Mitte durchschneiden" reicht nicht aus. Sonst hätten wir ja eine gerade Kante, die wir wieder zusammenkleben. Dann kann man sich diese Kante auch sparen. Wir gleichen stattdessen die beiden entstehenden Hälften neu aus; und zwar an einer asymmetrischen neuen Kante. Da der obere Teil nun asymmetrisch verschoben wurde, können wir aber unsere ursprüngliche Symmetriekante neu ziehen. Damit ist es natürlich keine Symmetriekante mehr, eher eine Hilfslinie.
Als Referenzwert zum Teilen unseres großen Schnittmusters nehmen wir dann das Verhältnis des Oberschenkelumfangs zwischen der Vorder- und Rückseite. Das Verhältnis müsste etwa 2:3 sein. Und genau dieses Verhältnis würde nun bei allen Abständen übernommen werden. Dann müssen die Schnittkanten neu ausgerichtet werden, sodass sie mittig symmetrisch sind (außer der Bereich über dem Oberschenkeln, der bleibt asymmetrisch). Also sodass der Abstand der Umfänge von der Symmetriekante aus nach rechts und links gleich ist. Das ist dann eine reine Fummelarbeit, das Ganze noch einmal auf den Karton zu übertragen.
Frage an den Experten: Sind wir nach dem Ausschneiden fertig oder was fehlt noch?
Antwort: Na was wohl? Die Klebekanten fehlen. Ein Zentimeter reicht da aber wieder vollkommen aus. Danach können wir das Schnittmuster ausschneiden und sind fertig.
Fazit
Da sind wir mit unserem Ziel, einen Ganzanzug aus Latex herzustellen wieder ein Stück näher gekommen. Mir juckt es schon in den Fingern, dass ich die Hose mal aus Latex kleben möchte. Mal schauen, ob sie wirklich so perfekt passt.
Und das war auch schon der zweite Teil des Tutorials für Maßanfertigungen. Die Kommentarfunktion steht offen für Fragen und Anregungen aller Art. Auch Kritik ist erwünscht und wird natürlich berücksichtigt. Dankessagen sind selbstverständlich auch gerne gesehen.
Im dritten Teil der Tutorial-Serie für Maßanfertigungen zeigen wir euch, wie Ihr für ein T-Shirt passgenaue Ärmel erstellt.